Der dritte Inklusionskongress, der gerade zu Ende ging, hat mich auf einige Themen aufmerksam gemacht und mich bestätigt, mich für manche Themen einzubringen.
Die Leichte Sprache zum Beispiel war mir zwar nicht neu, aber ich habe das für mich nie als relevant angesehen – können meine Schüler doch eh noch nicht so viel lesen. Aber Leichte Sprache kann man auch sprechen. Nicht, dass mir das nicht klar gewesen wäre. Aber ich hatte es einfach nicht auf dem Schirm – wie so vieles immer mal wieder in Vergessenheit gerät. Also hier eine kurze Erinnerung:
- nur kurze Hauptsätze nutzen
- langsam sprechen
- komplizierte Wörter erklären
Scheint irgendwie logisch. Aber wenn man seine eigene Sprache mal reflektiert, merkt man schnell, dass man dann doch viele Nebensätze benutzt, die bei den Schülern oftmals nicht mehr ankommen. Und für die Unterrichtsvorbereitung: ein Glossar anlegen, damit man nicht in die Verlegenheit kommt ein Wort nicht gut erklären zu können. Es ist nämlich erstaunlich schwierig Wörter möglichst einfach zu erklären. Hier hilft sicher ein Wörterbuch: https://hurraki.de/wiki/Hauptseite Ein Fund, über den ich mich sehr gefreut habe. Und wer sich für die Regeln der Leichten Sprache interessiert gibt es hier ein sehr ausführliches Regelwerk: https://lg-ls.de/regelwerk/.
Was helfen kann, die Sprechgeschwindigkeit herunterzufahren, sind die Gebärden. Natürlich haben Gebärden noch einen anderen Sinn (oder viele Sinne?) – aber gerade für die, die gerne sagen „Meine Schüler nutzen keine Gebärden, sie brauchen sie nicht“: Sie können eben doch sinnvoll sein, weil sie nicht nur das Tempo reduzieren, sondern auch einen weiteren, visuellen Weg zum Verständnis eröffnen. Komplizierte Wörter, die erklärt werden müssen, können sich so besser einprägen. Marcel Feichtinger hat mich im Rahmen des 3. Inklusionskongresses dazu motiviert, Gebärden mehr unter die Leute meines Kollegiums zu bringen. Er hat eine Gebärdensammlung für das „Classroom-Management“ aufgestellt und nutzt dafür die Gebärden der DGS.
Apropos DGS … Es gibt ja viele Meinungen zu GuK und „Schau doch meine Hände an“. Ich habe letzteres früher gerne genutzt, weil es Bilder zur Verfügung stellt, die auch für ältere Schüler noch ansprechend sind. Die GuK-Gebärdenbilder sind sehr kindlich und für einen Jugendlichen nicht mehr ansprechend. Außerdem ist der Wortschatz größer bei SdmHa. Und dann fing ich in einer Schule an zu arbeiten, die früher eine Schule für Gehörlose war und nach wie vor intensiv die DGS-Gebärden nutzt und auch all ihre Mitarbeiter kontinuierlich durch eigens angestellte Gebärdenfachleute schult. Und dort sagte uns der nette Kollege etwas, was meine Sicht auf GuK und Co veränderte:
Die DGS ist eine eigenständige und anerkannte Sprache. GuK und Co orientieren sich vielleicht an der DGS, verändern aber einige Gebärden mit der Begründung, die Gebärden der DGS seien teilweise zu abstrakt oder feinmotorisch zu kompliziert. Viele Kinder können nicht verständlich oder kaum sprechen, so dass Gebärden nötig oder nützlich sind. Wir kämen nicht auf die Idee unsere Verbalsprache zu vereinfachen und zukünftig alle in einer Schule „Dodolade“ zu sagen, in einer anderen Schule sagt vielleicht „Dodi“, nur weil einige Kinder das „sch“ nicht artikulieren können oder die Merkfähigkeit für vier Silben nicht ausreicht. Mit der DGS wird dies aber getan. Ich finde, und das ist meine ganz persönliche Meinung, wir sollten bei Problemen mit der Lautsprache (egal ob im Verständnis oder der Produktion) die Gebärden der Sprache benutzen, die auf Lautsprache verzichtet und diese korrekt nutzen, so wie wir die Lautsprache auch korrekt benutzen. Und die Kinder nutzen die Sprachen so, wie sie es können, um sich verständlich zu machen. Gebärdensammmlungen gibt es jede Menge. https://gebaerdenlernen.de/ nutzt die Gebärden der DGS, ebenso https://www.spreadthesign.com/de. Beide Sammlungen gibt es auch als Apps, die die Suche komfortabler macht.
Wunderbarer Artikel. Herzlichen Dank!
Kennst du schon unsere Gebärdensammlung aus „Das große Wörterbuch der Deutschen Gebärdensprache“, Verlag Karin Kestner, Schauenburg
Zugangsdaten: http://www.mydrive.ch
Benutzername: MaxErnst@Gebärden
Passwort: MaxErnstSchule
Als eine, die Gebärden in der Unterstützten Kommunikation und damit auch im FöS GE auch in Kursen lehrt, freu ich mich sehr über diese sehr coole Erklärung, warum DGS unsere Bezugssprache sein sollte.
Und da lohnt sich unbedingt ein Blick auf die EiS-App https://www.eis-app.de/. Ich kenne viele Apps und Online-Ressourcen, aber keine Quelle macht DGS-Gebärden über Metacom-Symbole auf für Menschen ohne primären Schriftzugang erreichbar. Aktuell ist das Finanzierungsmodell auch eine Art Crowd-Funding, weshalb ich darauf unbedingt aufmerksam machen möchte.
Hallo Marie,
das ist ja eine schöne Idee! Allerdings kann ich auf der Internetseite keine Demoversion sehen, nur Erklärungsvideos über die glückliche Lehrerin. So werde ich mir diese App nicht kaufen.
LG Cornelia
Da geht mir als Lehrerin für Hörgeschädigte, die nach über 20 Jahren zu einer Schule mit dem FS KME gewechselt ist das Herz auf, wenn ich deinen Beitrag lese. Vielen Dank dafür!
Ein weiterer interessanter Fundort, der Gebärden, Bild (Metacom) und Wort vereint, sind die Sign-Boxen von den Vielfaltern (Hendrik Dangschat und Kathi Ender). Kommt demnächst auch als App.
Guter Beitrag, schön reflektiert.